Im September 2013 hat mit Georg Milzner ein weites Kleinseminar im Anschluss an das von ihm und Christian Ziegler durchgeführte hypnotherapeutische Kurrikulum stattgefunden. Georg Milzner hat uns einmal mehr sein seelisches Tiefenradar zur Erforschung archetypischer Strömungen zur Verfügung gestellt. Die Absicht war, dass wir dieses Sensorium in Selbsterfahrung für uns selber und dadurch auch zu Gunsten unserer PatientInnen entwickeln mögen. Menschliche Erfahrung ist ganzheitlich und basiert auf der Einheit von Geist und Körper. Eine andere Beschreibung davon wäre die dynamische Interferenz eines andauernden Top down und Bottom up Prozesses. Dieses in der Tiefe Spüren im Workshop war ein auf Trance und Intuition basierender Bottom up-Prozess. Georg ist zudem ein Meister, dem Erspürten mit präzisen Worten seinen angemessenen Platz in unseren Bewusstsein geben zu können, ein Top down-Prozess. Das Kursthema war sehr gross. Georg öffnete uns zu diesem „Raum“ ein paar Türen, welche bei Sinnkrisen therapeutisch geöffnet werden können. Der vorliegende Bericht beschränkt sich auf die hypnotherapeutischen Interventionen. Georgs reichhaltige und belebende Hinweise auf die sichtbaren und unsichtbaren Querverbindungen zwischen Evolution, Gesellschaft, den sie konstituierenden Individuen und deren Psyche, welche sich in Forschung, Kunst und Kultur abbilden, schweben quasi implizit durch diesen Bericht. Nicht aufgeführt sind zudem die verschiedenen kleinen Fallvignetten zu eigenen PatientInnen, welche uns situativ immer wieder einfielen und supervisionsartig von Georg ad hoc kommentiert wurden.
Vier Arten von Lebenskrisen haben wir im Workshop beleuchtet: den Beginn der Selbstfindung in der Adoleszenz, die Krise bei Brüchen in Partnerschaften, die Krise nach Verlust des Arbeitsplatzes sowie bei gesundheitlichen Schicksalsschlägen. Gemäss Georg hat die sog. Midlifecrisis viel Ähnlichkeit mit der Selbstfindung in der Adoleszenz. Darum die folgende erste Tranceanleitung, der „goldene Faden“: Führen Sie Ihre in der Mitte ihres Lebens an selbigem zweifelnde Patientin in eine Trance und lassen Sie sie…“in der Zeit zurückgehen…in eine Zeit, als Ihre Selbstfindung begann…dort wo erste Strömungen spürbar wurden….wo Dinge Sie anzogen…und Dinge Sie wegstiessen… dort, bei dieser jugendlichen Person….dort, ganz weit hinter Ihnen…. (jetzt Vertiefung des Zugangs zu den Kindheits- und Jugendträumen) und nun….da vor Ihnen….ahnen und dann zunehmend sehen Sie diese Person im Alter…sich selber…nach einem gelingenden und gelungenen Leben….wie ein Bild, wo alles drin ist…ein Bild von Ihrem Leben…auch das nicht gewählte, nicht gewollte…dort an der richtigen Stelle im Bild….immer auch eines mit Schwarz…an der richtigen Stelle im Bild…denn das Dunkle gibt die richtige Spannung…haben sie je ein echt gutes Bild ohne Schwarz gesehen?… und dann gibt es da eine Verbindung… zwischen beiden… dem jugendlichen Menschen hinter Ihnen… und dem Bild nach einem gelungenen Leben vor Ihnen….eine Verbindung in Form eines goldenen Fadens…und der läuft durch SIE hindurch….jetzt…im Körper ist die Stelle, wo er durch Sie hindurchgeht…manchmal exakt spürbar…und der goldene Faden verbindet…den Menschen hinter Ihnen …mit demjenigen vor Ihnen mit dem gelungenen Leben, mit dem was Sie sein werden…und von oben… aus der Vogelperspektive…können Sie Ihren goldenen Lebensfaden, Ihren Lebensverlauf sehen…und dass er oft gar nicht schnurgerade verläuft, manchmal in Knäueln und Kringeln, manchmal ein Hin und Her und Auf und Ab, verschlungen und wunderlich…und oft ist der Umweg der sicherste WEG…zum Ziel…und jeder Umweg…ist unabdingbarer Teil Ihres Lebensweges….“. Wir können während der Trance auch die jugendliche Person dort hinten bitten, der Person in der Mitte, im Hier und Jetzt stehenden, einen Rat zu geben, hilfreich zu sein. Fragen, die sich bei der Erkundung von Adoleszentenkrisen bewährt haben sind (zum Jugendlichen in der Gegenwart gesprochen:) „Was tust du wirklich gerne, auch wenn du dafür nichts bekommst und es von niemandem gefordert wird? (Bemerkung: dies ist nach Mihaly Csikszentmihalyi ein wichtiger Aspekt von Flow) Woran merkst du, dass du es gut kannst? Auch wenn du keine Ahnung hast, wofür das gut sein soll. Fühlst du dich eher als ein Mensch, der mit vielen Menschen zusammen ist, oder eher als einer der mit wenigen ausgewählten Menschen zu tun hat? Wann würdest du merken, dass du an dir selber „vorbei gelebt hast?“
Ausgangslage: Dass es nach Trennungen zu Identitätskrisen kommt, liegt oftmals daran, dass die eigene Lebensplanung an einen anderen Menschen gehängt worden ist. Das erlaubte – so Georg – zwar romantische und tiefe Gefühle, nicht aber die Vorstellung deren Endlichkeit. Wir explorieren darum in der Gruppe das häufige (Auf-)Opfern, welches nicht selten und traditionellerweise seitens des weiblichen Partners geschieht; während er studieren und Karriere machen konnte, opferte sie „sich“ und blieb bei den Kindern zu Hause. Dem Opfer liegt aber nicht selten das Muster zu Grunde, Liebe durch Opfern erhalten zu können. Die implizite Botschaft der Opfernden ist aber „ich bin es nicht wert – du bist es wert“ zum Nachteil der Gleichwertigkeit der Partner. Therapeut zur Patientin: „Einer steigt die Leiter hinauf, der andere hält sie unten fest – möchten Sie selbst auch steigen?“ Und „was ist für Sie eigentlich schon aufgegeben worden?“ Wie wollen wir unsere Partnerschaften gestalten, sodass gleichzeitig Selbsterfüllung und erfüllter Beruf möglich wird? Die Lebenskunst ist es, zwei gelingende Leben in Beziehung zu setzten. Eine hilfreiche therapeutische Intervention kann eine Altersregression in die Zeit vor der Beziehung sein. Erst allmählich ist es dann nützlich, die Rolle in der Beziehung in dissoziierter Trance (auf der Leinwand) zu erkunden. Dazu kann eine Zukunftsprojektion verwendet werden, welche die Patientin in eine Zeit mitnimmt, in der schon wieder alle gut und neu geordnet ist. Leitfragen zur Analyse der Beziehungsrollen: „Ist mir das, was mir in dieser Beziehung widerfuhr, vertraut? Es ist die Frage nach der neurotischen oder schicksalhaften Wiederkehr bekannter Muster. War mir das, was in dieser Beziehung geschah, fremd und hatte ich den Eindruck, mich zu verändern? Das könnte ein Indiz dafür sein, dass wir zu Mitspielern im Drama des Partners oder der Partnerin wurden. Wie sehe ich mich am Ende meines Lebens – in Gesellschaft oder allein?“
Gelingendes Leben ist im Einklang mit etwas Tieferem in uns. Wenn
Menschen durch Krankheit, Unfall oder wegen Verlust des Arbeitsplatzes
ihren Beruf, zu welchem sie sich berufen fühlen, plötzlich nicht mehr
ausüben können, öffnet sich regelmässig der Abgrund von Hilf- und
Sinnlosigkeit. Auf der archetypisch-mythischen Ebene öffnete uns Georg
die Sicht auf vier archetypische Muster der Selbstfindung, welche mit
unseren Be-Rufungen verbunden sein können. Es ergibt sich dadurch die
Möglichkeit, viele Berufe und Tätigkeiten als Ausdrucksweisen dieser
impliziten Grunddynamiken zu erkennen. Vor Ihnen, liebe Leserin,
lieber Leser, sitzt also ein Patient, der nach einem Unfall
verzweifelt ist, weil für Ihn nach seinem Unfall jegliche Umschulung
und damit Wechsel in eine adaptierte Tätigkeit völlig sinnlos
erscheint. Darum laden Sie ihn ein, sich in einer Trance folgender
Fantasie hinzugeben. „Lassen Sie sich in eine längst vergangene Zeit
zurücktreiben…eine Zeit…weit vor der Industrialisierung…wo die
Menschen noch in Gruppen herumzogen….oder in kleinen Dörfern hausten
…später vielleicht bewehrten Siedlungen ….kennen Sie Asterix und
Obelix?....also… vielleicht lassen Sie sich tatsächlich in ein
keltisches Dorf….zurücktreiben…vielleicht springen Sie mit dem
Fallschirm darüber ab…JETZT…oder Sie gehen einfach dorthin, klopfen
ans Tor und rufen laut „ich bin wieder da!“ ….Was oder wer wären Sie
da gewesen…vielleicht Asterix…der Krieger….oder Miraculix…der Heiler
und Schamane…der Häuptling, der die Ordnung überwacht…der Schmid, der
schmiedet….oder schlagen Sie die Laute wie Trubadix, der Barde…wären
Sie die Lehrerin für die Kinder….was würden Sie da tun…für welches Amt
und für welche Ordnung wären Sie da zuständig….was würden Sie wohl in
die Hand nehmen wollen um zu wirken…für was würden Sie die anderen
achten und schätzen...?“ Die vier archetypischen Muster sind der
Archetyp 1) der Ordnung, 2) der Wandlung, 3) des Kampfes und 4) der
(Für-)Sorge. Diese über die Jahrtausende in uns Menschen evolutionär
erprobten Muster haben sich im Hinblick auf die Förderung menschlicher
Gemeinschaft bewährt. Berufe der Ordnung sind solche, wo Kontrolle
ausgeübt wird, wie z.B. Zöllner oder Gefängniswärter; Berufe der
Wandlung und der Heilung sind z.B. Therapeuten, Taschenspieler,
Chemiker, Schauspieler. In früheren Zeiten vereinigte der Archetyp des
Magiers übrigens noch drei, in der heutigen Zeit getrennte Aspekte,
nämlich des Heilers, der Priesterin und der Künstlerin (siehe Bild).
Berufe des Kampfes sind nicht nur Soldaten sondern auch Sportler und Politiker (ein Polizist ist für Ordnung und Kampf zuständig); Berufe der Fürsorge sind z.B. Gemüsehändler, Köche, Buschauffeure und Lehrerinnen. Achtung: Jede Kultur hat(te) auch ihre Entartungen dieser Archetypen. Die Essenz moderne Berufe hingegen, wie z.B. der eines Steuerberaters, sind wohl noch nicht kollektives archetypisches Gut geworden und darum eher nicht von einer belebenden Be-Rufung getragen, es sei denn, man lebe hier vielleicht den Archetyp der Wandlung und Verschleierung aus.
In der Zweiergruppe wird im Workshop dies geübt… In leichter Trance
findet sich der Schreibende – zuerst nur vage – wieder …als einer, der
mit schwerem Mantel gerade von einem Pferd absteigt, in die freie
Mitte eines einfachen Dorfes schreitet und zufrieden und stolz stehen
bleibt. Es ist vollbracht. Aber was? Eine Reise vielleicht und wenn
ja, von wo her? Er sieht ein eigenartiges Symbol in der Nähe des
Bodens (siehe Bild). Dann bittet mich meine Trancebegleiterin, eine
Beziehung zwischen dem Menschen dort und dem Menschen hier im Workshop
entstehen zu lassen. Und tatsächlich, der im schweren Mantel dort
winkt mir hier zu, ich winke zurück. Er vermittelt mir spontan: „Du
machst dort das Gleiche wie ich hier“. Ja aber was?
Georg nimmt in der Gruppenbesprechung das Symbol auf. Die kurze Gruppentrance ergibt vielfältige Assoziationen: Ein Gesicht mit drei Augen, die teleskopartig alles sehen können…Helm und Neptun…drei Flammen – drei Wege….eine Fibel, die zusammenhält…und vieles andere mehr. Existiert dieses Symbol eventuell irgendwo auf dieser Welt?
Wenn uns das Schicksal ausbremst, gibt es uns die unerbetene Chance, tief in uns hineinzuschauen und zu fragen. Erkenne ich ein Muster, eine meinem Leben unterlegte Bestimmung? Und wenn ja, auf wie viele Weisen kann ich diesem archetypischen Muster Ausdruck verleihen? Wo überall, in welchen alternativen Tätigkeiten, Hobbies etc. kann zumindest ein Teil des Musters lebendig werden und dadurch mich selber (wieder-) beleben? Fragen, die sich bei Selbstfindungskrisen Veränderungen im Arbeitsleben bewährt haben: „Angenommen, Sie würden in einem keltischen Dorf leben, was hätten sie dort gemacht? Wie wären sie damit umgegangen? Wenn sie damals Büchermaler oder Kopist gewesen wären und dann hätte sie die aufkommende Kunst des Buchdrucks arbeitslos gemacht? Was ist es, was Sie in jedem Fall können und weiter können werden, ohne dass jemand es Ihnen nehmen kann?“
Bezogen auf die Sinnkrise durch Unfälle oder Krankheiten scheint es manchmal das Schicksal zu wollen, dass sich erst an der Stelle eines grossen Verlustes ein tieferes Potential entfalten kann. So musste Theresias erst erblinden, um seine seherischen Fähigkeiten zu entfalten. Milton Erickson war überzeugt, dass er ohne seine multiplen physischen Handicaps seine genialen psychologischen Talente nicht entfalten hätte. Fragen an den Patienten, die sich bei Selbstfindungskrisen durch Unfälle oder Krankheit bewährt haben: „Wenn Ihr Leben ein Film wäre, und der Unfall bzw. die Krankheit läge in der Mitte, was läge dann davor und was danach? Man sagt, mitunter habe die Gottheit etwas mit uns vor – man kann auch von Schicksal sprechen. Kennen Sie Beispiele dafür, wie ein Mensch durch ein Leid zu etwas wurde, was er vorher nicht war?“
Wenn es darum geht, mit dem wieder in Berührung zu kommen, was Georg die „schicksalhafte Ebene“ nennt, kann folgende Trance die erwünschte Resonanz bewirken: „Welche Märchen und Geschichten haben Sie in der Kindheit besonders gerne gehört? Welche Bücher, Stories und Filme haben für Sie in der Adoleszent eine nachhaltige Wirkung gehabt? Welche dieser Gestallten wären Sie am liebsten selber gewesen? Welche Bücher und Filme haben Sie später im Erwachsenenleben berührt?“ Die Runde nach der Gruppentrance ergibt folgende Triplets, Z.B.: Pippi Langstrumpf, Momo und Colombo; Schneewittchen, Sandokan und Diana Arbus; Nuschelpeter, der Rote Seidenschal und Demian; Pan Tau, Sherlock Homes und der Herr der Ringe. Mir selber fiel für die Kindheit nichts ein, für die Adoleszenz war es nach einigem Zögern Winnetou, später der Steppenwolf und vor allem aber Raumschiff Enterprise respektive die Star Treck Serie. Ist in diesen drei Interessensgebieten ein Grundthema erkennbar? Können wir eine gemeinsame „Unterströmung“, ein Lebensthema erkennen? Wir nähern uns im Workshop unseren individuellen Themen unter Hinweisen, Bezügen und Nachfragen von Georg auf vielfältige Weise. Mir selber wurde dabei klar, dass ein wichtiges Lebensthema von mir das Aufbrechen auf eine Reise, das Forschen und Auffinden ist. Es fällt mir der am Ende eines Enterprise-Abenteuers wieder kehrende, jeweils magisch gesprochene Sehnsuchtssatz ein: „…where no man (and woman) has ever gone before“…und dann zoomte die Enterprise mit Captain Kirk und später mit Captain Jean Luc Picard („Mr. Sulu: Energie!“)….wuuuuuusch…..ins grosse Nichts…begleitet eben von diesem Lebensgefühl. Und mir ist jetzt völlig klar, genau da will ich auch hin, das will ich auch tun. Nur dass es in meinem Leben nicht um die „unendlichen Weiten des Universums“ da draussen geht, sondern um das da drinnen, den menschlichen Geist! Zu welchem Archetyp gehört nun dies? Der der den Pfad für die Gemeinschaft auskundschaftet und hat das nicht auch etwas von Krieger, eventuell im Sinne der „aktiven Aufklärung“?
Als unbewusste Ressourcen der Selbstfindung unterscheidet Georg vier Ebenen: Die evolutionäre, die familiäre, die archetypisch-mythische und die Ahnen-Ebene. Im Bereich der Ahnen berühren sich die mythische mit der familiären Sphäre. So sagte der türkisch stämmige Patient: „wir tragen Steppenvölker in uns und die kriegt man nicht so schnell wieder raus.“ Die Ahnen-Ebene umfasst eben auch kulturelle Strömungen und es fliessen darin überlieferte Begabungen. In Kleingruppen machen wir zuerst eine Mini-Ahnen-Anamnese und stellen uns anschliessend in Trance unsere Ahnenwelt als ein weit verzweigtes Flusssystem vor. Wir tauchen in den breiten Fluss der Gegenwart und schwimmen, gleiten und tauchen aufwärts, entgegen der Strömung, der Quelle entgegen. Wir lassen uns in die kleinen und grossen Zuströme bis in die Verästelungen treiben. Wir spüren, schnuppern und tasten mit offenen Sinnen. Wie ist die Qualität des „Wassers“ in meinem Lebensstrom und in den verschiedenen Seitenäste, warm, kalt, hell-prickeln, dunkel-moorig, schmutz-stinkend, süss oder salzig, türkis, blutrot oder pink? Und wir achten auf scheinbar Nebensächliches: Wo will die Seele hin? Was zieht mich magisch an? Wo lauert Gefahr? Denn gemäss Georg liegen Berührungen mit dem Archetypisch-Mythischen insbesondere da vor, wo imaginativ erkundet wird, wann und auf welche Weise ein Schrecknis, z.B. wiederkehrende Gewalt, in die Ahnenreihe eingedrungen ist. Im anschliessenden Gruppenaustausch ergeben sich verschiedene Erfahrungen von Getragensein bis Widerwille, oder einfach ganz verschiedene Gewässer, die alle zu einem, nämlich meinem Lebensfluss, der mich durchfliesst, werden, oder werden könnten. Georg betont: Je weiter wir die ganze Flusslandschaft werden lassen, desto wenige eng wird die Dynamik und desto besser mischen und relativieren sich die verschiedenen familiären Einflüsse, im besten Sinne des Wortes. Die bisher irritierenden Fragen, bin ich Deutsche oder Russin, Basler oder Zürcher werden zu einem kreativen Sowohl-als-auch. Und je weiter wir Richtung Quelle vorstossen, desto breiter wird das Feld der Herkunft, ein Sowohl-als-auch-und-noch-viel-mehr.
Ein Arzt mit Praxis in der freien Wildbahn erhält das Angebot, in einer Klinik Chefarzt werden zu können. Er kommt zu Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, weil er ambivalent ist und Sie gut im Coaching. Sie leiten Ihn in Trance an: „Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Tier in der freien Wildbahn, Sie hätten ein dichtes Fell … mit diesen ganz speziellen Muster, Sie spüren Ihre Kraft und die Geschmeidigkeit Ihres Ganges. Sie lieben es, ganz alleine im Jungle auf einsamen Pfaden zu pirschen und können stundenlang bei einer Wasserstelle auf der Lauer liegen… bis Sie zum Sprung ansetzen….jetzt lösen Sie sich langsam davon, kommen Sie ins hier und jetzt zurück, um nach einem erneuten tiefen Atemzug folgende Erfahrung zu machen….: Sie sind ein gutes Team, Sie und Ihr Wolfs-Rudel…Sie kennen die Regeln und die Hierarchie im Team ganz genau…auch die königlichen Löwinnen jagen erfolgreich.…jede an ihrem Platz…und der Anführer des Rudels ist stark….aber nicht auf Dauer….eines Tages….wenn er schwächer wird….beissen Sie in weg…und Sie nun sind der Boss…und…nun lösen Sie sich langsam aus dem Rudel… und kommen wieder ins humane hier und jetzt… um nach ein, zwei tiefen Atemzug in die folgende Erfahrung hinein zugleiten…jetzt sind Sie eines von vielen…Sie grasen…in der unendlichen Weite… vielleicht der Serengeti…. Sie/sie fühlen sich wohl…die Zebras, die Hirsche, die Büffel sind zusammen….sie lassen sich gegenseitig in Ruhe…und sind doch gleichzeitig beieinander….auch die Elefanten und ihre kleinrüssligen Jungen…und manchmal….da ziehen sie weiter…..eine weiss, wann die Zeit dazu gekommen ist…ganz genau… und sie führt sie an… alle trotten hinter ihr her… und dann, am neuen Ort… da lässt es sich wieder wohl sein… und Sie/sie grasen wieder, als wären Sie/sie schon immer da gewesen… sich ganz in das Eigene vertiefend“. Dann fragt Georg: Warum kann ein Mensch im Traum die Erfahrung vom Fliegen machen, als ob er nie etwas anderes gemacht hätte? Warum kann sich ein Mensch im Traum als riesige schlängelnde Schlage fühlen, obwohl ihm das im Alltag völlig fremd ist? Wir tragen in uns die ganze Phylogenese. Wir haben in uns „tierische Reste“. Im Tierreich können wir in Säugetiergemeinschaften allein jagende Jäger, in Gruppen erfolgreich jagende Rudel mit Alphatier und potentiellen Alphatieren sowie Herden erkennen, wo jedes Herdentier für sich allein ohne relevante Hierarchie, aber eingebunden in die schützende Gruppe leben und gedeihen kann. Die Menschen tragen diese drei Muster in sich. Kennen Sie das auch, der Chefarzt, der am liebste in Ruhe gelassen werden will, um seinen Operationen oder seinen Studien nachzugehen und davon ausgeht, dass sich die lästigen Unstimmigkeiten im Team doch wohl von alleine glätten würden, denn „wir sind ja alles Erwachsene, das darf man ja doch erwarten…“. Die lauernden Alphatiere treiben ihn früher oder später via Burnout in die Pampa, ob er nun ein Puma oder ein Lama ist. Mir selber wurde bei dieser Gruppentrance klar, wie sehr ich weder führen noch geführt werden will, weder Zebra noch Wolf. Und das passte perfekt zur Aura des Einzelgängers, der mir da aus der Vergangenheit zugewinkt hat und zu meiner Arbeit als Hypnotherapeut und überhaupt passt es ganz genau. 90% der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten seien „Jäger“. Wohingegen die Wirtschaft zu 80% von Hyänen, Löwen und Affen bevölkert werde. Den diese jagen im hieratischen Rudel, um eines Tags vielleicht, ganz oben zu sein, mit dem attraktivsten Weibchen zur Seite und immer der Erste beim Fressen. Reptilien hingegen haben kein relevantes Sozialverhalten – denn Krokodile, Schlangen und Schildkröten findet man im Strassenverkehr, erkennbar am Hirnstamm gesteuerten fight-, flight- and freeze-Verhalten.
Schlusswort von Georg: Selbstheilung besteht in erster Linie darin, die Selbstfindung anzuerkennen, sowie das zu akzeptieren und anzunehmen, was da zutage tritt. Die Leitfrage lautet nicht mehr „was will ich?“, sondern vielmehr „wie bin ich gemeint?“ Selbstheilung ist im Kern ein mit sich selbst zur Deckung kommen, und das schliesst Beliebigkeit weitgehend aus.