Drei Generationen von therapeutischer Trance-Arbeit

Dem Zeitgeist entsprechend war die erste Art von Hypnose Autorität, in der Annahme, dass sowohl der bewusste als auch der unbewusste Teil des Klientengeistes unfähig sei, für sich selber Gutes zu tun. Gutes käme allein vom überlegenen Geist der Therapeuten. Man müsse lediglich dank Trance den bewussten Geist vom gegenwärtigen Gesehenen fern halten, sodass dem Unbewussten endlich das befohlen werden könne, was heilende Sache sei. Das kann übrigens – je nach Kontext – durchaus wirksam sein. Ich habe einen wunderbaren älteren Herrn kennen gelernt, der mit charismatischer, nicht nur autoritären Ausstrahlung – der Kontext seiner Trancen – genau dies tut (siehe Interview mit Alan Somerville im Abschnitt Publikationen). Die Zweite Generation, initiiert durch Milton Erickson in der Mitte des 20ten Jahrhundert erkannte, dass in unserem Unbewussten sehr viel Selbstheilungspotential schlummert und mittels Trance zur Kooperation gebracht werden kann. Dazu brauche es aber immer noch unabdingbar die Intelligenz und die Autorität des Therapeuten. Die dritte Generation – es handelt sich um Schüler von Milton Erickson wie Stephen Gilligan und Robert Dilts – erkannte, dass unter geeigneten Bedingungen auch der bewusste Teil des menschlichen Geistes sehr hilfreich ist. Der bewusste Geist muss nicht „weg“, er muss nicht verwirrt oder mit indirekten Suggestionen umgangen werden. Er kann kann, wie in einer Meditation, ein kreativer und wohlwollender Partner für den unbewussten Geist sein und mit ihm als Team zusammen etwas ganz Neues bilden. Dieses Neue ist ein „emergentes" Phänomen durch die gleichzeitige Interaktion des bewussten und unbewussten Geistes. Solche Zustände kennen im Alltag Improvisierende Musiker, Künstlerinnen, Sportler und Meditierende. Diese drei Generationen von Trancearbeit sind alles gangbare Wege, die jeder je nach Situation seine Richtigkeit hat und oft ergeben sich auch Mischungen daraus, mal führt der Klient, dann wieder bei Hindernissen die Therapeutin. Ich bevorzuge ganz klar den dritten. Diese dritte Art von Trancearbeit hat sehr viel gemeinsam mit Achtsamkeit.

Trance-Induktion

Eine Induktion, eine Einleitung einer Trance basiert auf dem Ruhigwerden des Geistes und der Bewusstwerdung und Vertiefung seiner Beziehung zum Körper. Wie auch in jeder Meditation wird unser normalerweise unruhig hin und her schweifende, zu Multitasking neigende Alltagsgeist zuerst durch Konzentration auf einen ruhigen Fokus konzentriert respektive „geankert", sei dies ein realer Punkt in der Umgebung, oder die Wellenbewegungen der eigene Atmung. Erst wenn der Geist ruhig geworden ist, kann er anschliessend wirklich auch weit und kreativ werden. Eine andere Möglichkeit, den bewussten Teil unseres Geistes zumindest einen kurzen Moment zum Stillstand zu bringen ist ihn zu verwirren, ihn zu verblüffen oder zu erschrecken. Im ein bis zwei Sekunden dauernden Verwirrungszustand, wo der bewusste Geist nach Orientierung und Kontrolle such, ist vorübergehend seine Kontrollfunktion über das Unbewusste eingeschränkt. Dies wird z.B. von Bühnenhypnotiseuren genutzt, um üblicherweise mit dem Befehl „schlaf" einen Trancezustand anzustossen, mit anschliessender Vertiefung meist im Sinne von „tiefer und immer tiefer“. Dies widerspricht meinem persönlichen Verständnis von Therapie, wo es um Freiheit, Autonomie und Eigenkompetenz geht. Zudem ist dieses Vorgehen zum Erlernen von Selbsthypnose ungeeignet. Darum müssen sich diejenigen Patienten, die sich einen autoritären Therapie- respektive Hypnosestil wünschen, einen entsprechend agierenden Therapeuten suchen. In Trance kann der Klient sprechen, meist langsam und leise. Durch das damit verbundene Denken wird die Trance oberflächlicher und eventuell vorübergehend aufgehoben. Dies kann vom Klienten genutzt werden, Befindlichkeiten und Hemmnisse abwägend benennen zu können, sodass seitens des Therapeuten individuelle Hilfe angeboten werden kann.

Das wesentliche subjektive Charakteristikum einer Trance ist, dass die erlebten „Dinge" wie von alleine geschehen, dass Assoziationen auftauchen, neue Ideen und Aspekte, oder Gefühle, die oft mit bildhaften Erinnerungen verbunden sind. Insbesondere die Gefühle und die begleitende körperliche Resonanz – der sogenannten Felt Sense – sind relevant für die Wirksamkeit einer Trance. Menschen, die eine Feit Sense für das zu bearbeitende psychologische Lebensthema haben – mit und ohne Trance, ob angenehm oder unangenehm –, machen erfahrungsgemäss schnellere Fortschritte in der Therapie. In Trance wird der eigene Körper oft anders empfunden, schwerer, leichter, ev. ein Prickeln, oder ein nicht unangenehmes Verschwinden von Körperregionen (bei mir sind es zurzeit die Hände), oft besteht ein verändertes Raumgefühl, alles ist gleichzeitig ganz weit weg und trotzdem ganz nah und das Zeitgefühl verändert, meist gar nicht mehr da.

Barbara Frick Luzern - Feldenkrais/Somatic Experiencing